Das Herz
Das Herz ist ein Hohlmuskel, welcher in einem Menschenleben zirka drei Milliarden mal schlägt und dabei 250 Millionen Liter Blut durch unseren Körper pumpt. Dieses Wunder der Natur muss gepflegt werden, damit es mit zunehmendem Alter auch genug Leistung erbringen kann. Ist es trotzdem zu einem Infarkt gekommen, dann ist es wichtig, das Herz wieder zu trainieren. Ich habe mein Herz unter Anleitung in der Reha und später zu Hause wieder fit gemacht.
Psychologische Hilfe ist wichtig
Die psychische Belastung nach einem überstandenen Herzinfarkt ist sehr groß. Früher wurde darum nicht viel Aufhebens gemacht, aber heute ist es gut, daß es die Möglichkeit einer professionellen Nachbetreuung gibt.
Die Wochen und Monate nach dem Infarkt haben mich sehr zum Nachdenken gebracht. Das Geschenk des Lebens, so möchte ich es betrachten, wurde mir in die Hände gelegt, um es zu schützen. Mir ist die Endlichkeit nie so bewusst geworden, wie die ersten Wochen nach meiner Rückkehr ins Leben. Viele Stunden, geprägt von Angst, habe ich durchlebt und mir wird immer klarer, daß ich ein zweites Leben geschenkt bekommen habe. Die Traurigkeit ist manchmal sehr stark, wenn ich an die letzten Stunden vor dem Herzinfarkt zurück denke. Ich hatte alles selbst in der Hand und habe die Symptome der Angina Pectoris vollkommen missachtet, meinte, ich bin doch gesund. Das ist vom heutigen Standpunkt aus betrachtet eine totale Fehleinschätzung gewesen. Ich habe dadurch viel Unsicherheit und Angst in das Leben meiner Freunde und Verwandten und ganz speziell in das von Christina gebracht.
Auch heute habe ich manchmal große Ängste, die mich lange Zeit sehr im Griff hatten. Vor allem nachts werde ich wach und habe Angst allein zu sein. Ich bin dann sehr dankbar, wenn ich Christina neben mir weiß und mir wird klar, dass ich seit dem Infarkt einen starken Wandel durchgemacht habe.
Die nächtlichen Angstattacken sind mittlerweile nicht mehr so häufig und treten zum Glück nur noch selten auf. Sicherlich sind die regelmäßigen Therapiestunden massgeblich daran beteiligt; durch die Auseinandersetzung mit mir selbst sind viele Dinge klarer und bewusster geworden. Im Laufe der vielen Jahre hatte ich mir eine Schutzhülle zugelegt. Viele Gefühle waren gar nicht mehr möglich, da ich sie mir nicht gestattet habe. Diese Schutzhülle hat sich bei mir über viele Jahre aufgebaut; eine Zeit in meinem Leben, als ich meinte, alles allein bewältigen zu müssen. Als Junge bzw. Mann hat man ja tapfer und stark zu sein - Gefühle haben da wenig Platz. Heute bin ich vielleicht der Mensch, der ich früher war: sensibel und emotional.
Seit über drei Jahren bin ich nun in einer Psychotherapie-Gruppe, und ich merke ganz deutlich, dass das klare Bekenntnis zu meinen Gefühlen und die Auseinandersetzung mit meinen Ängsten ein grosser Schritt in ein ruhiges und entspanntes Leben ist.
Bewegung ist wichtig
Viel Bewegung und frische Luft sind ganz wichtig. Ich habe für mich das Walken und das Wandern entdeckt. So oft es geht, mehrmals wöchentlich, gehe ich mit Christina in unmittelbarer Umgebung walken. Dabei legen wir ca. 6 Kilometer zurück und sind eine Stunde unterwegs. Sollten wir nicht miteinander Walken gehen, dann steige ich auf das Fahrrad - Ergometer und fahre 40 bis 60 Minuten Rad bei moderater Belastung von 130 - 135 Watt. Seit einiger Zeit ist auch das Joggen zum Trainingsprogramm hinzu gekommen. Es ist ganz wichtig, bei allen sportlichen Betätigungen eine stetige Pulskontrolle zu haben, denn gerade beim Joggen droht schnell eine Überlastung. Ich habe einen Brustgurt und eine Pulsuhr von Polar und bin sehr zufrieden damit. Es gibt natürlich auch zahlreiche App´s um den Puls und eventuell auch den Blutdruck zu überwachen. Es ist aber sehr wichtig, auch auf die körperlichen Symptome zu achten, denn diese sagen oft mehr aus als jegliche Technik.
Ein ganz wichtiger Aspekt bei der Herzinfarktprophylaxe ist eine gesunde und regelmäßige Ernährung - dazu später mehr.
Wer das Rauchen noch nicht aufgegeben hat, sollte es jetzt tun. Ich hatte das Glück, das ich schon Monate vor meinem Infarkt durch eine gezielte Hypnose mit dem Rauchen aufgehört habe. Allerdings war mein Herz, speziell die Koronararterien, schon geschädigt. Ich brauchte aber nach dem Infarkt nicht mehr mit der Raucherentwöhnung beginnen.
Wie die Zeit vergeht
Mittlerweile sind fast vier Jahre ins Land gegangen. Ich fühle mich fit und gesund. Zu unseren Wanderungen ist noch das Laufen bzw. Joggen dazu gekommen. So oft es geht sind wir auf den Höhen über Waldshut oder in den Ferien im schönen Ostwestfalen auf Joggingrunde. Es erfordert eine längere Geduldsphase, denn so einfach, wie es in Büchern beschrieben wird oder wie man selbst hofft, ist es nicht. Der „innere Schweinehund“ der einem einreden will “das schaffst du doch nie“ muss immer wieder aufs Neue an die Leine genommen werden.
Mit kleineren Teilstrecken und Runden haben wir begonnen: Wichtig ist immer wieder, dass man sich nicht zu viel zumutet und bereits vom Marathon träumt. Es muss zudem nicht das Ziel sein an solchen Wettbewerben teilzunehmen. Ich freue mich auch so über jeden gelaufenen Kilometer; die Freude muss beim Laufen überwiegen. Das Gefühl zu haben, nach einem überstandenen Herzinfarkt solche Leistungen zu vollbringen, ist schon toll; das hilft mir über manchen trüben Gedanken hinweg, der trotz langer Psychotherapie und maximalster Unterstützung von Christina schon mal aufkommen kann.
Im letzten Urlaub sind Christina und ich fast jeden Morgen laufen gewesen, und wir haben dieses schöne Gefühl sehr genossen. Ich bin das erste Mal in meinem Leben 12 Kilometer am Stück gejoggt, und es fühlte sich sehr gut an. Auch Christina hat beachtliche 10,5 Kilometer geschafft. Menschen wie ich, die durch einen Herzinfarkt an die Endlichkeit des Lebens erinnert werden, sollten sich in ihrem Leben nach dem Infarkt dazu entscheiden Sport zu treiben oder sich wenigsten ausreichend bewegen und nicht denken, sie könnten das nicht. Das ist falsch und bringt uns nur in eine depressive Verstimmung oder schwere Depressionen - da wieder herauszukommen ist unendlich schwer.
Unser Leben hat so viele schöne Seiten, und ich habe noch eine weitere schöne Seite entdeckt; selbstgebackenes Brot ist ein echter Genuss. Durch ein Buch, welches ich von Christina geschenkt bekam, habe ich meine Leidenschaft fürs Brotbacken entdeckt. Es ist ja ein Handwerk, und das hat mich schon immer fasziniert: kreativ sein und mit den Händen und dem Kopf schaffen.
Eine gesunde Ernährung ist wichtig
Eine gesunde und ausgewogene Ernährung ist nach einem Herzinfarkt sehr wichtig. Ich habe meine Essgewohnheiten stark geändert und versuche auf zu viel tierisches Fett zu verzichten. Dazu gehören Butter, Milch, fettes Fleisch und übermässiger Wurstgenuss. Auch achte ich bei Speisen und Getränken auf den Zuckergehalt und meide solche mit einem hohen Anteil. Schaut euch einmal bei gängigen Speisen und Getränken den Anteil an Zucker an - das Ergebnis ist erschreckend! Selbst im Bio-Karottensaft sind 45 Gramm Zucker auf 100 Milliliter Saft zugesetzt. So kann man auch dem Diabetes Typ 2 entgegenwirken; dieser ist ganz klar ein Risikofaktor für Herzinfarkte.
Beim Thema Alkohol scheiden sich allerdings die Geister. Es gibt immer wieder Empfehlungen, dass ein Glas Rotwein am Tag eine gute Prophylaxe gegen Herzinfarkt und Arteriosklerose sei; bewiesen ist das allerdings nicht. Im Gegenteil: Der tägliche Genuss von Alkohol mit einem Prozentgehalt um die 12 % birgt eher das Risiko, Probleme mit der Leber und dem Stoffwechsel zu bekommen, von der psychischen oder körperlichen Abhängigkeit ganz zu schweigen. Alkohol trinke ich seit 35 Jahren nicht mehr und vermisse ihn auch nicht.