Das Wandern ist seit Mitte des 14. Jahrhunderts in unseren Breiten bekannt. Der Italiener Francesco Petrarca bestieg im Jahr 1336 mit seinem Bruder den Mont Ventoux. Leider gibt es nur wenige Aufzeichnungen der letzten Jahrhunderte. Erst mit der Aufklärung begab sich das Bildungsbürgertum zu Fuss in die freie Natur; die Fortbewegung auf "Schusters Rappen" wurde durch diese Bevölkerungsschichten als Freiheitsgedanke gesehen. Ab diesem Zeitpunkt durchquerten zahlreiche Wanderer zu Fuss Europa und schrieben ihre Erlebnisse auf. Bis in die heutige Zeit gilt das Wandern in grossen Teilen der Bevölkerung auf der ganzen Welt als Freizeitvergnügen und erfreut sich steigender Beliebtheit.
Für Herzpatienten werden oft Joggen, Schwimmen und Radfahren als Sportarten empfohlen, aber gerade Wandern ist eine hervorragende Möglichkeit das Herz zu trainieren, fit zu bleiben und einen aktiven Lebensstil zu führen. Beim Wandern werden zwar etwas geringere Belastungsintensitäten erreicht, als zum Beispiel beim Joggen, dennoch kommt es zu sehr günstigen Effekten für Herz und Kreislauf. Die Sauerstoffversorgung in den Koronargefäßen ist hoch, gleichzeitig kommt es nicht so schnell zu Überlastungen.
Regelmäßige körperliche Aktivität kann erwiesenermaßen das Risiko für einen erneuten Herzinfarkt und andere schwere Erkrankungen am Herzen verringern. Die Fachliteratur spricht vom größten Nutzen pro aufgewendete Zeit bei einem Training im Bereich von 60 bis 75 % der maximalen Herzfrequenz. Dieses entspricht beispielsweise einem Trainingspuls von 120 bis 150 Schlägen pro Minute, der sich durch leichtes Joggen erreichen lässt und schon durchaus befähigt eine etwas stärkere Steigung beim Wandern ohne größere Probleme zu meistern.
"Wer ans Ziel kommen will, kann mit der Postkutsche fahren, aber wer richtig reisen will, soll zu Fuß gehen."
Jean-Jacques Rousseau, französischer Philosoph, 1712 – 1778
Wandern im Flachland
Alle Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit (KHK), die sich in ärztlicher Behandlung befinden und deren Krankheit sich als stabil erwiesen hat, können im Flachland nach Aussage des Kardiologen Dr. Frank Sonntag vom Wissenschaftlichen Beirat der Deutschen Herzstiftung ohne Bedenken wandern gehen.
Wandern in den Bergen
Bei Wanderungen in Höhen ab 1.500 Meter sollte zuvor immer der behandelnde Kardiologe zu Rate gezogen werden. Auf Grund der geringeren Sauerstoffsättigung der Atemluft in diesen Höhen ohne vorbereitendes Training besteht die Gefahr von schweren Komplikationen. Es sollte daher immer ein Belastungs-EKG in Betracht gezogen werden, da dadurch wertvolle Informationen über die Leistungsfähigkeit des Herzmuskels erhalten werden können. Nur so kann sichergestellt werden, daß die Wandertour nicht zur Wander-Tortur wird.
Unser Herz darf bei den Wanderungen auf keinen Fall überlastet werden. Wenn wir uns ohne Probleme unterhalten können, besteht diese Gefahr nicht. Sollte es trotzdem zu einem Angina pectorisanfall oder zu Atemnot kommen, muss der weitere Aufstieg unverzüglich abgebrochen werden. Wichtig ist auch, daß jederzeit Hilfe geholt werden kann. Sinnvoll ist es deshalb, sich eine Pulsuhr anzulegen. Damit kann man sich schon sehr gut vor Überlastung schützen. Es ist besser, eine Pause mehr einzulegen als am Ende der Tour das Gefühl der Erschöpfung zu spüren.
Vor Touren in Höhen ab 1.500 Metern ist es ratsam eine Eingewöhnungsphase von zwei bis drei Tagen einzuhalten. In dieser Zeitspanne kann kontrolliert werden, ob man den Anforderungen gewachsen ist. Menschen mit einer koronaren Herzkrankheit neigen oftmals dazu, nach einer erfolgreichen Genesung ihre Leistungsfähigkeit zu überschätzen. Sind vom behandelnden Arzt Betablocker verordnet worden, sind die oben genannten Pulsfrequenzen nicht zu erreichen und es sollte nicht versucht werden es zu tun.
„Nur wo du zu Fuß warst, bist du auch wirklich gewesen.”
Johann Wolfgang von Goethe, deutscher Dichter, 1749 – 1832