Herzgesund durch Wandern
Auf dieser Seite möchte ich Ihnen, liebe Gäste, ausgewählte Wanderungen vorstellen. Sie wurden von Christina und mir gegangen und sind für jedermann der sich fit genug fühlt, nachzumachen.
Wir sind bislang viel und häufig gewandert, kennen viele verschlungene Wege im südlichen Schwarzwald und waren an besonderen Orten in der Schweiz. Das naheliegende Frankreich haben wir aber noch nie besucht – das soll nun anders werden.
Das schöne Elsass liegt praktisch vor unserer Haustür, und wir werden einige Tage in einem charmanten Chambre d’hôtes in Diebolsheim verbringen. Das kleine Dorf liegt mitten im Elsass zwischen Strasbourg und Colmar im Département Bas-Rhin.
Pierrette und Jean-Luc von «Ambiance Jardin» haben in einer ehemaligen Scheune eines Bauernhauses vier wunderschöne Gästezimmer eingerichtet. Jedes Zimmer ist einer Pflanze gewidmet und entsprechend gestaltet: das mauvefarbene Zimmer der Hortensie, das rote Rosenzimmer, das gelbe Zimmer Feldblume und das grüne Laubzimmer. Wir verbringen die Tage unseres Aufenthalts im gelben Feldblumenzimmer.
Gäste aus der ganzen Welt haben bereits in der Ambiance Jardin ihre Ferien verbracht. Auf dem Flur hängt eine Weltkarte mit Markierungen der Herkunftsorte, wie zum Beispiel Perm in Russland. Zurzeit sind alle Zimmer von Deutschen bewohnt; viele kommen bereits seit Jahren in die kleine Pension.
Alle Gäste werden am Morgen gemeinsam im gemütlichen Frühstücksraum von Pierrette bewirtet. Es gibt Baguette, Früchte, selbstgemachte Konfitüren und Säfte, Käse und Schinken aus der Region, Tee und Kaffee. Die Tische sind jeden Tag anders gedeckt, der Raum ist originell im Vintage-Stil eingerichtet. Harmonisch und phantasievoll wird Altes mit Neuem, Alltägliches und Ausgefallenes kombiniert, so dass das Auge immer wieder schweifen kann.
Vom Frühstückraum geht es über eine von vielen Blumentöpfen und rankenden Pflanzen geschmückte Terrasse in den verwunschenen Garten. Es gibt verschiedene kleine Oasen mit Sitzplätzen, ein Gartenhäuschen, einen offenen Wohnwagen und unzählige Bäume, Sträucher und Pflanzen. Jeden Tag kann man sich ein neues Plätzchen zum Verweilen aussuchen und den zwitschernden Vögeln lauschen. Einzig die zahlreichen und stechfreudigen Mücken sind ein Wermutstropfen.
Pierrettes Leidenschaft ist die englische Gartenkunst, die sich in jedem Winkel ihres Gartens poetisch ausdrückt. Neben einem Wasserspiel, Skulpturen, kleinen und grösseren, an Ästen hängenden Kronleuchtern und Windspielen findet sich an vielen Ecken eine weitere Leidenschaft von Pierrette: Sie sammelt alte metallene Giesskannen in allen möglichen Grössen.
Die Gastgeberin kümmert sich nicht nur um das leibliche Wohl ihrer Gäste am Morgen, sondern hat auch individuelle Tipps für Ausflugsziele, Events und Restaurantempfehlungen in der Region. Für den ersten Abend reserviert sie uns einen Tisch auf der Terrasse des Restaurants «La Couronne» in Scherwiller. Der kleine Ort mit den für die Region typischen Fachwerkbauten liegt an der Elsässischen Weinstrasse, ca. 20 km von Diebolsheim entfernt, und gilt als Hauptstadt des Rieslings.
Das Restaurant befindet sich in einem Fachwerkhaus aus dem 17. Jahrhundert mit grossem Bogenportal und offenem Innenhof. Hier verbringen wir einen genussvollen Abend mit regionalen Speisen: Choucroute, das elsässische Sauerkraut mit Würsten, Speck und Kassler sowie gebackenem Camembert und Bratkartoffeln. Die Portionen sind dermassen gross und reichhaltig, dass wir leider auf ein Dessert verzichten müssen. Auf dem Dach des Restaurants hat ein Storchenpaar sein Nest errichtet und unterlegt die abendlich-romantische Atmosphäre mit dem eigentümlichen Klappern seiner Schnäbel.
Die späten Abende und Vormittage verbringen wir im paradiesischen Garten von Pierrette und Jean-Luc, umgeben von Blumendüften, dem Gesang der Mönchsgrasmücken und quälenden Stechmücken und planen unsere nächsten Ausflüge – Strasbourg und Sélestat.
Von Pierrette bekommen wir die Empfehlung, unser Auto auf einem günstig gelegenen Park & Ride-Parkplatz am Standrand von Strasbourg abzustellen. Vom Haltepunkt «Baggersee» fahren wir mit der Tram für kleines Geld in die Innenstadt von Strasbourg. Am Place de la République steigen wir aus und überqueren die Brücke am Theater. Der Fluss Ill fliesst mitten durch die Stadt, fächert sich in fünf kleine Flussläufe auf und umfliesst die Grand-Île, die grosse Insel, auf der die Innenstadt und das Altstadtviertel von Strasbourg liegen.
Wir lassen uns langsam durch die unzähligen Strassen und Gässchen treiben. Hier gibt es grosse und kleine Läden, Boutiquen, Restaurants, traditionelle «Winstuben» und Bistros. Die Auslagen der Lebensmittel- und Feinkostläden sind verlockend – die Backwaren der Boulangeries, die feinen Gebäcke der Patisseries und die Wurstwaren der Boucheries. Aber letztlich kommen auch wir nicht am Elsässer Flammkuchen, der Tarte flambée vorbei, den wir in einem kleinen Restaurant zu Mittag essen.
Auf dem Place Kléber findet ein Wochenmarkt statt, auf dem Händler Kleidung, Lederwaren, Schmuck und Haushaltwaren verkaufen. Von hier ist es nicht weit zum ehemaligen Gerberviertel «la Petite France», ein Anziehungspunkt für alle Reisende und Besucher Strasbourgs. In diesem Teil Strasbourgs lebten einst die Gerber, Fischer und Müller der Stadt und auch andere Menschen, die wenig Ansehen in der Bevölkerung genossen. In den Innenhöfen und unter den Dächern der Fachwerkhäuser wurden die gegerbten Häute gespannt, üble Gerüche waren allgegenwärtig. In dem Viertel lag auch ein Militärkrankenhaus, in dem Soldaten gegen die Franzosenkrankheit, der Syphilis, behandelt wurde, woraus sich die Namensgebung ableitet: Die Bewohner nannten das Quartier elsässisch «Zum Französel». Heute ist Petite France kein dunkler, unheimlicher Ort mehr. Die charakteristischen Fachwerkhäuser, das Kopfsteinpflaster der Gassen, die kleinen Kanäle und Schleusen vermitteln ein pittoreskes Flair.
Wir besuchen die protestantische Église Saint Thomas auf der Grand-Île. Es ist die zweitgrösste Kirche der Stadt, die als «Kathedrale des elsässischen Protestantismus» bezeichnet wird, da sie von der Rekatholisierung durch Louis XIV. im 17. Jahrhundert verschont blieb. Ihre Wurzeln reichen bis ins 6. Jahrhundert zurück. Englische Mönche errichteten ein Kloster mit kleiner Kapelle zu Ehren des Heiligen Thomas. Im 7. Jahrhundert führte der irische Mönch Florentius die Regeln des Heiligen Benedikts ein, und die Glaubensgemeinschaft erlebte ihre erste Blüte. Die Kirche des Heiligen Thomas ist bekannt für ihre Silbermann-Orgel, auf der bereits Wolfgang Amadeus Mozart spielte sowie eine Chororgel, die nach den Plänen von Albert Schweizer angefertigt wurde.
Weiter geht es zum Wahrzeichen der Stadt, dem Liebfrauenmünster, der Bischofskirche des Erzbistums Strasbourgs. Bereits in der Antike soll hier ein Tempel gestanden haben, im 4. Jahrhundert wurde ein erstes christliches Heiligtum errichtet, der eigentliche Münsterbau erfolgte dann ab dem 12. Jahrhundert. Allein an diesem Ort könnte man Stunden verweilen und die mittelalterliche Baukunst bestaunen: das beeindruckende Hauptportal mit der grossen Fensterrose, das Licht, das die Buntglasfenster im Inneren erleuchtet, der Engelspfeiler und die astronomische Uhr mit ihren reichen Malereien und Skulpturen.
Mittlerweile aber ist der Tag deutlich vorangeschritten, wir sind müde und hungrig nach so viel Geschichte und Erlebtem und beschliessen, auf dem Place du Marché-Gayot, dem «Verbrennte Hof» mit seinen zahlreichen Restaurants und Bars zu Abend zu essen. Später lesen wir, dass der elsässische Name auf das mittelalterliche Judenpogrom hinweist, bei dem die in der Stadt ansässigen Juden lebendig verbrannt wurden – im Jahr 1349 war die gesamte jüdische Gemeinde ausgelöscht.
Die Geschichte des Elsass ist in vielerlei Hinsicht bewegt, anspruchsvoll und schwierig: territoriale Ansprüche, Eroberungen und Rückeroberungen, Reformation und Gegenreformation, Kriege und Revolution. Es gibt römische, gallische, alemannische und fränkische Spuren, und es wird Französisch, Elsässisch und Deutsch gesprochen.
Am nächsten Tag gehen wir in den kleinen Diebolsheimer Bioladen «Au plus près», der Lebensmittel, Getränke und Waren aus der Region verkauft. Wir decken uns mit den wichtigsten Dingen ein und fahren anschliessend weiter nach Wittisheim in «Les Jardin de Gaïa». Die Inhaberin Arlette Rohmer hat das Unternehmen Mitte der 1990er Jahre aufgebaut und vertreibt fair gehandelte biologische Tees und Gewürze. Als Pionierin auf diesem Gebiet engagiert sie sich für eine umweltbewusste Landwirtschaft und fairen Handel und hat den unabhängigen Familienbetrieb zu einer renommierten Marke geführt. Arlette berät uns persönlich zu verschiedenen Tees, wir dürfen sie ansehen und den Duft verkosten. Im «Maison de thé» mit Zen-Garten geniessen wir später einen der Jasmin-Tees, die wir uns ausgesucht haben.
Überall werden wir sehr freundlich empfangen, umso mehr, als wir erzählen, dass wir bei Pierrette wohnen, die weit über Diebolsheim bekannt ist.
Für uns geht es weiter nach Sélestat. Hier haben wir einen Besuch im «Maison du pain» geplant, ein Museum, das die Geschichte des Brotes und des Backhandwerks aufleben lässt. Sélestat oder Schlettstadt beherbergt auch ein ehemaliges Humanistenkolleg mit einer berühmten Bibliothek. An der im Mittelalter bedeutenden Lateinschule wurden zahlreiche renommierte Schüler ausgebildet, wie Heinrich Kramer, genannt Institorius, der Verfasser des «Malleus maleficarum», des Hexenhammers und der Reformator Martin Bucer.
Zwei Kirchen prägen das kleine Städtchen, das als Geburtsort des Weihnachtsbaums gilt: die spätromanische Kirche Sainte-Foy und die gotische Kirche Saint-Georges, in denen wir eine Zeit verweilen. Unmittelbar neben der Kirche Sainte-Foy liegt das kleine Biorestaurant L’Acoustic, das uns von Pierrette empfohlen wurde. Hier verbringen wir den Abend im Freien unter Bäumen mit vegetarischem Essen, Cidre, Biobier und Livemusik – eine junge Frau verzaubert das Publikum mit Gitarrenklängen und Chansons.
Den letzten späten Abend geniessen wir im Garten von Pierrette und Jean-Luc und sind jetzt schon traurig, dass die Zeit so schnell vergangen ist. Gleichzeitig haben wir unendlich viel gesehen und erlebt. Als wir uns am kommenden Morgen nach dem Frühstück von Pierrette verabschieden, wissen wir, dass wir wiederkommen werden. Für den nächsten Sommer haben wir bereits das Rosenzimmer gebucht – vive les vacances!
Matthias hat Geburtstag – wie auch in den vergangenen Jahren, werden wir einen besonderen Tag an einem besonderen Ort verbringen. Was er am Morgen seines Geburtstages noch nicht weiss: Heute geht es ins hohe Gebirge und zwar nach Vals in Graubünden. Vals ist eine Gemeinde in der Region Surselva, in der neben Deutsch und Italienisch Rätoromanisch gesprochen wird. Bekannt ist Vals, zumindest in der Schweiz, für sein Heilwasser aus der St. Petersquelle.
Der Kanton Graubünden liegt im Südosten der Eidgenossenschaft, dementsprechend lang ist die Anreise. Nach knapp vier Stunden kommen wir in Vals an. Allerdings bleiben wir nicht in dem kleinen Bergdorf, das auf 1.252 Metern liegt, sondern begeben uns auf die knapp 600 Meter höhere Hängela Alp. Wir werden dort zwei Tage und zwei Nächte in einer Jurte verbringen.
Im Winter ist die Hängela Alp mit seiner Bergwirtschaft eine Selbstversorgerhütte und nur auf Tourenski oder mit Schneeschuhen zu erreichen. Jetzt aber können wir die schmalen Wege, die sich am Berg anschmiegend hochschlängeln, langsam mit dem Auto erfahren, und zum Glück gibt es einige wenige Parkmöglichkeiten an der Berghütte.
In der Schweiz, v.a. in Graubünden, dem Tessin und Wallis, werden Alp- oder Almhütten auch Maiensäss genannt, weil das Vieh im Mai auf die Alp getrieben wurde. Und auch in der Hängela Alp wird, der Tradition entsprechend, der Saisonbetrieb im Mai aufgenommen. Die Gondeln der Bergbahn Gadastatt hingegen ruhen noch, und nur wenige Wanderer sind unterwegs.
Wir kommen am Nachmittag bei strahlendem Sonnenschein, blauem Himmel und Wattewölkchen auf der Hängela an und werden freundlich in Empfang genommen. Es ist mit knapp 20°C angenehm warm, und wir geniessen auf der Sonnenterrasse erst einmal die Aussicht bei Kaffee und hausgemachtem Kuchen. Der Blick von der Alp ins Tal ist fantastisch. Besonders eindrucksvoll aber ist die umliegende Bergwelt der Adula Alpen. Stolz erhebt sich das Zerfreilahorn, das auch Bündner Matterhorn genannt wird, vor unseren Augen.
Nach dem kühlen Weckruf unter der Dusche gibt es ein zünftiges Frühstück in der Berghütte. Die beiden Schwestern haben alles vorbereitet: Brot, Bündner Fleisch, Schinken, Früchte, Joghurt aus einer Valser Sennerei und das leckere Hängela Rührei; dazu trinken wir Quellwasser und Kaffee.
Da es immer noch neblig ist, legen wir uns nach dem Frühstück wieder in unser immer noch warmes Bett in der Jurte und schauen durch die durchsichtige Kuppel im Dach den schnell dahinwehenden Nebelfetzen zu, bis schliesslich die Sonne doch durchdringt und der Himmel aufklart.
Wir machen uns parat, um von der Hängela Hütte den Berg weiter aufwärts zu wandern. Auf 1.932 Metern gibt es den kleinen Weiler Stafelti mit wenigen bewohnten Hütten. Weiter geht es kontinuierlich bergauf, und wir erreichen die Leisalp auf 2.051 Metern, die noch nicht geöffnet hat. Mittlerweile ist die Sonne wieder verschwunden, es wird grau, windig und kühl. Wir aber wandern weiter aufwärts, sehen wunderschöne blühende Alpenpflanzen: gelbe Trollblumen, wilde Stiefmütterchen, blauer Enzian und Silbermantel, den Frauenmantel der Alpen. Je höher wir wandern, desto weniger Vögel sind zu sehen und zu hören, bis auf einige Alpenkrähen über uns und fellige pfeifende Tierchen, die wieselflink über die Hänge laufen – Murmeltiere.
Die Baumgrenze haben wir schon längst hinter uns gelassen, und die Vegetation ist nun sehr karg. Zunehmend zeigen sich Reste von Schnee und Eis, es wird steiniger und beschwerlicher. Auf dem Weg nach oben sehen wir grosse Steinwälle; am Abend erfahren wir, dass es in den 1950er Jahren ein schweres Lawinenunglück gegeben hatte und die Steinwälle später zum Schutz errichtet wurden. Wir wandern bis zum Ende des Weges und stehen schliesslich vor dem Felsmassiv des Sattelichopfs.
Ab diesem Punkt ginge es für uns nur weiter, wenn wir auf der Sattelilücke, einem schmalen Grat im Fels, durch das Massiv steigen würden. Aber wir sind mit den erklommenen 2.400 Metern zufrieden und finden, dass wir die erste Wanderung des Jahres gut bewältigt haben.
Dieses Jahr kommt der Winter früh. Schon lange ist es kalt, und nun hat es auch endlich geschneit. In den tieferen Lagen ist der Schnee schnell wieder geschmolzen, aber in den Höhenlagen Richtung Schwarzwald bleibt das funkelnde Weiß zum Glück liegen. Also packen wir heute endlich mal wieder unsere Schneeschuhe und fahren nach Höchenschwand. Auf 1.000 Metern ist es kalt genug, dass die Loipen gespurt und die Winterwanderwege freigegeben sind. Der Schnee verwandelt die gesamte Landschaft in ein weisses Wintermärchen. Und obwohl es bedeckt ist und die Sonne sich nicht hervorwagt, zeigen sich die schneebedeckten Gipfel der Alpen imposant mit nahezu 180°-Blick.
Wir kommen auf unseren Schneeschuhen schnell voran, die Bewegung heizt uns ordentlich ein. Schnell hat man sich von allen Spaziergängern entfernt
und ist nahezu alleine unterwegs. Es macht Spass durch den Winterwald zu laufen und die klare, eisige Luft einzuatmen.
Es ist ein nebliger Oktobertag. Dennoch möchten wir heute mit unseren Freunden aus Bielefeld eine Tour im Hotzenwald unternehmen. Mittlerweile haben wir viele schöne Touren unternommen, aber der südliche Schwarzwald bietet noch zahlreiche unentdeckte Schätze und idyllische Wanderwege. Heute werden wir die Ruine Bärenfels oberhalb von Wehr erwandern.
Die Anfänge der ehemaligen Höhenburg, damals noch Steinegg genannt, sind unklar, wahrscheinlich wurde sie im 12. Jahrhundert erbaut. Das grosse Erdbeben von Basel im Jahr 1356 zog die Burg stark in Mitleidenschaft. Im späten 14. Jahrhundert gelangte sie in den Besitz des Basler Rittergeschlechts derer vom Bärenfels, dessen Namen sie fortan trug. Im Dreissigjährigen Krieg wurde die Burg schliesslich vollends zerstört (Wikipedia: Burg Bärenfels.
Als wir in Wehr starten, beginnt sich der Nebel langsam aufzulösen. Vom Parkplatz Forsthaus geht es am Waldrand kontinuierlich bergauf durch den Wald. Wir laufen über vier Kilometer zunächst bis zum Rüttehof. Mittlerweile hat sich das trübe Grau vollständig aufgelöst, und wir können einen strahlend-sonnigen Oktobertag geniessen. Der Anstieg ist nicht stark, aber lang und heizt uns ordentlich ein; zum Glück laufen wir aber die ganze Zeit geschützt unter Bäumen. Am Fischbach sind wir etwas unsicher, wie der weitere Weg verläuft und müssen wir uns einen Moment orientieren, dann aber geht es mit schnellen Schritten weiter Richtung Bärenfels. Das letzte Stück ist noch einmal recht steil, bis wir endlich im Inneren der ehemaligen Burg stehen. Wir machen auf einer Bank im Burghof eine kleine Pause und überlegen noch, ob wir die Steintreppe an der Burgmauer und den Bergfried erklimmen sollten. Irgendwie hatten wir alle genug Steigung in den letzten Stunden. Aber jetzt sind wir so weit gekommen, dass wir uns doch noch aufraffen und vom Bergfried der Ruine mit einem wunderbaren Ausblick über das Wiesental und Schweizer Jura belohnt werden. Wäre der Himmel klarer, hätten wir eine sensationelle Aussicht auf die Schweizer Alpen – heute können wir sie leider nur erahnen. Langsam machen wir uns auf den Weg zurück. Wir sind knapp 12 Kilometer über 500 Höhenmeter gewandert – eine wunderbare Tour, die gut zu bewältigen ist.
Die vergangenen Tage waren von sehr wechselhaftem Wetter geprägt - heftige Gewitter, starker Regen, gleissende Sonne, plötzliche Temperaturabfälle. Wir befürchteten schon, dass unser Wochenendtrip ins Wasser fallen würde, denn unser Plan ist es eine Übernachtung in einem Schwebebett im Thurgau zu machen. Nun also sind wir hier, auf dem Biohof Hohlenstein in Au-Fischingen. Wir werden eine Nacht im Freien verbringen, aber auf eine luxuriöse Art und Weise: in einem sanft schaukelnden Himmelbett mit wärmenden Daunendecken.
Als wir auf dem abseits liegenden Hof ankommen, werden wir laut bellend von Hofhündin Momo begrüsst. Sie ist sogar auf Google Maps vermerkt und wird in den Besucherberichten als recht wehrhaft beschrieben. An der Hofeinfahrt hängen Schild und Wasserpistole mit dem Hinweis diese zur Abwehr zu benutzen. Tatsächlich ist Momo aber einfach eine sorgfältige Bewacherin des Hauses und kann später mit einigen Leckerlis und Streicheleinheiten besänftigt werden.
Bei unserer Ankunft werden wir von Selina, die als Saisonangestellte für die Gästebetreuung auf dem Hof arbeitet, freundlich in Empfang genommen. Der Hofbesitzer Sepp lebt hier und bewirtschaftet den Hof, sein Sohn Joe ist zur Zeit in Ausbildung zum Landwirt und wird die Nachfolge übernehmen. Sepps Sohn David ist auch vorübergehend auf dem Hof und bewirtet Gäste. Alle sind sehr zuvorkommend und aufgeschlossen, und wir fühlen uns sehr willkommen.
Der Nachmittag liegt noch vor uns, und nach einem ersten Blick auf unsere Schlafstatt machen wir uns mit einem kleinen Rucksack auf dem Thurgauer Tannenzapfenweg nach Fischingen, um das dortige Benediktinerkloster zu besuchen. Das um 1138 gegründete Kloster wird von einer Ordensgemeinschaft geführt, die neben ihrem klösterlichen Lebensrhythmus und der Seelsorge in den umliegenden Orten ein Seminarhotel mit Restaurant betreiben. Ausserdem gibt es auf dem Gelände eine Brauerei, die Pilgrim, ein Craft-Bier mit besonderen Aromen und Wasser aus der Klosterquelle braut.
Das Kloster und die Barockkirche, die der Heiligen Idda geweiht ist, liegen auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. Hier können sich Pilger den Segen für den Weg sowie das Pilgerabzeichen geben lassen.
Vor uns liegt zum Glück keine 2.300 km-Wegstrecke, aber etwas anstrengend wird es auch für uns. Zunächst geht es steil aufwärts auf den 991 Meter hohen Grat, der höchsten Erhebung im Thurgau und anschliessend auf schmalen Wegen durch den Wald wieder abwärts. In Ortenegg, einer weiten Lichtung mit einer stattlichen Mariensäule, pausieren wir einen Moment und geniessen den besonderen Kraftort mit seinem fantastischen Blick in Richtung Bodensee. Von dort führen einige Stufen hinunter in den Wald zu einer kleinen Marienkapelle, in der wir Kerzen anzünden.
Nach eineinhalb Stunden straffer Wanderung kommen wir in Fischingen an. Wir können nicht, wie erhofft, ins Gartenrestaurant auf dem Klostergelände, da es einer Hochzeitsgesellschaft vorbehalten ist. Freundlicherweise bekommen wir aber einen Platz ausserhalb des Restaurants und werden mit Kaffee und Schlorzifladen, einer Toggenburger Spezialität bewirtet. Die Birnenwähe schmeckt fein, und nach der kleinen Stärkung geht es dann wieder zurück nach Hohlenstein.
Wir überwinden insgesamt 538 Höhenmeter - die Strecke ist zeitweilig durchaus fordernd, aber gut zu bewältigen. Als wir nach mehr als zwei weiteren Stunden wieder auf dem Hof ankommen, werden wir von Sepps Sohn David in Empfang genommen, der uns mit hausgemachtem Süssmost bewirtet.
Für den Abend haben wir mit der Reservierung des Bettes bei Selina einen Grillkorb bestellt, auf den wir uns jetzt sehr freuen. Sepp führt uns zur Grillstelle am Waldrand, an der wir unsere Picknickdecke ausbreiten und unser Feuer entfachen. Nach der Tour schmecken die grillierten Würste, Maiskolben, Kartoffeln und das Gemüse, dazu das Pilgrimbier, besonders köstlich.
Gegen neun Uhr gehen wir zum Hof zurück, duschen und bekommen noch ein Betthupferl sowie Gute-Nacht-Wünsche mit auf dem Weg. Das Schwebebett steht ca. 100 Meter entfernt vom Hof auf einer grossen, von Sepp noch am Abend teilweise gemähten Wiese. Der Blick auf die Appenzeller Berge und den Säntis ist leider diffus, über den Berge hängen Wolken. Wir sind zuversichtlich, dass sich das Wetter dennoch halten wird.
Langsam geht die Sonne am westlichen Himmel unter, und der Abend senkt sich über die Wiese. Unser Bett hängt an einer Holzkonstruktion und schaukelt sanft, weiche Kissen und Decken warten darauf, dass wir uns ausstrecken – endlich… Über uns leuchten erste Sterne auf, die zahlreichen Kühe und Ziegen auf den umliegenden Wiesen sind an ihren Glocken zu hören. Das Geläut hat durchaus etwas Meditatives, zudem duftet es nach frisch gemähtem Gras und Heu, so dass wir innerlich ganz ruhig werden. Wir haben zwar am Bett batteriebetriebene Nachtischlampen, aber der Sternenhimmel ist so schön, dass wir gar nicht lesen mögen. Irgendwann schlafen wir ein und wachen gegen Mitternacht mit dem Aufgang des Mondes auf. Er leuchtet sehr hell, obwohl er bereits wieder abnehmend ist. Im Laufe der Nacht wandert der Mond über den südlichen Himmel und sorgt dafür, dass alles gut sichtbar ist.
Das Bett ist wunderbar bequem, zu keinem Zeitpunkt ist es kalt oder unangenehm. Wir haben vorsichtshalber Schlafsäcke mitgebracht, aber eigentlich sind sie völlig überflüssig. Am frühen Morgen weckt uns die Morgenröte, wir schlafen aber noch einmal ein. Bald aber werden wir durch die hellen Sonnenstrahlen wach. Die Wiese ist feucht und lockt uns zum Taulaufen. In einiger Entfernung steht unser Wiesenhüsli, eine aus Holz gezimmerte Kompost-Toilette, das wir auch gleich nutzen.
Um halb neun, wie vereinbart, kommt Selina und tischt uns das reichhaltige Z‘Morge (Frühstück) auf, Sepp radelt mit seinem E-Bike über die Wiese, um uns Kaffee zu bringen. Und so tafeln wir wiederum köstlich im Sonnenschein mit Blick auf die Berge im Appenzeller Land. Im Gegensatz zum vorherigen Abend können wir den Säntis jetzt gut sehen. Mit 2.501 Meter ist er der höchste Berg im Alpstein und Teil der nordwestlichen Alpen. Er führt drei Kantonsgrenzen zusammen: Appenzell Ausserrhoden, Appenzell Innerrhoden und St. Gallen.
Jetzt wird es schnell sehr warm, ein letztes Mal legen wir uns auf das wunderbare Bett und geniessen den Ausblick, dann geht es mit Sack und Pack zurück zum Hof. Wir verabschieden uns von dem wunderbaren Gastgeber Sepp, der fröhlichen Celine und der mittlerweile recht zahmen Momo. Hierhin werden wir ganz sicher noch einmal zurückkehren, und das nächste Mal bringen wir gleich Leckerli mit: Momo ruggele!
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